Verraten und verkauft

Der Wind pfeift mir um die Ohren und packt die riesigen Kiefern am Gemächt. Es knackt und knarzt, es stöhnt und ächzt wie in einem Altenheim. Der Himmel ist dick und düster, die Wogen drohen jedem, der sich ihnen nähert, mit der eisigen Faust des Neptun und der Strand wird wütend durchgeschüttelt. Immer wieder peitscht mir die kalte Gischt ins Gesicht und gefriert zu bizarren Stalaktiten in meinem Bart.
Ich kämpfe mich verzweifelt durch das Unwetter und suche Schutz an einem Buswartehäuschen, das die städtischen Verkehrsbetriebe wegen der Ökobilanz und Nachhaltigkeit bereits vor Monaten abgebaut haben. Ich überlege, ob sie wenigstens die Haltestelle nach mir benennen und einen Gedenkstein aufstellen würden, wenn ich jetzt erfriere. »Hier verstarb unser letzter und einziger Fahrgast. Wir bitten, die Verspätung zu entschuldigen.« Das würde mir schon reichen, ich bin da nicht besonders anspruchsvoll.

Dabei hätte ich es wissen müssen, nichts kriegen sie hin, diese Grünen.
Noch nicht einmal den Winter können sie abschaffen, oder wenigstens die Gezeiten.

Die Stille am Teich

Ich betrachtete die Stille. Kein Wind kräuselte das Spiegelbild. Irgendetwas stimmte da nicht …

Ich überlegte, was es wohl war. Irgendwie schienen die Farben blasser zu sein und die Geräusche klangen dumpf wie im Bauch eines alten Schiffes. Was war geschehen? Wo war ich? Ich saß zwar wie immer hier im Park auf meiner Bank, aber es war es nicht so wie sonst. Verunsichert guckte ich herum. Ich wollte wissen, ob es den anderen Menschen, die um den kleinen Teich wandern, auch so geht, aber was ich sah, irritierte mich erst recht: Sie gingen alle rückwärts, jedoch fiel das offenbar niemandem außer mir auf. Nur ich saß dumm rum und verstand die Welt nicht mehr.

»Was ist, wenn die Welt plötzlich eckig wäre?«, schoss es mir durch den Kopf, »kann sie sich dann noch drehen, oder schiebt sie sich bloß wie eine Schrankwand von Ecke zu Ecke?«

Misstrauisch starrte ich ein Pärchen an, das wie selbstverständlich rückwärts auf mich zu schlenderte. Dazu hätten sie allerdings vorher schon einmal an mir vorbeigegangen sein müssen. Aber warum kann ich mich daran nicht erinnern?! Ich schaute auf meine Uhr: Stolz und rebellisch drehte der Sekundenzeiger die Runden entgegengesetzt seines üblichen Tuns.

Mir fiel fast die Kinnlade in den Schoß, als sich plötzlich eine junge, verdammt hübsche Frau zu mir auf die Bank setzte und fragte: »Tsgam ud nie sie?«

Wieder blieb mir nichts anderes übrig, als ein blödes Gesicht zu machen. Das hier ging auf keinen Fall mit rechten Dingen zu. Irgendetwas stimmte nicht und ich wusste nicht, was.

Irgendetwas ist ja immer.